Ein Jahr? Es kommt mir vor, als wäre er erst gestern gewesen, der Tag an dem ich Gräfin wurde. Mein Mann, der Graf Almaviva, schwor mir vor gerade mal einem Jahr ewige Treue und schaffte aus Liebe zu mir das alte Recht der ersten Nacht ab, und nun? Denkt er etwa, er könne mich ohne meines Wissens hintergehen? Schließlich ist Susanna nicht nur meine Zofe, sondern auch meine engste Vertraute. Das er Ausgerechnet ihr nachstellt, wo sie doch mit seinem Kammerdiener, dem Figaro, verlobt ist. War ich noch beeindruckt von seiner Güte, als er Susanna und Figaro unser Durchgangszimmer beziehen ließ, so muss ich wohl erfahren, dass er dies nur aus eigenem Egoismus tat. Um schneller und unbemerkt bei ihr zu sein in den Stunden, in denen er Figaro irgendeinen Sinnlosen Auftrag gibt um ihn fern zu halten. Als Susanna mir von seinem Tun berichtete mochte ich es nicht glauben. Ich liebe ihn doch noch immer. Aber auch der Barbarina soll er nachstellen. Ich hörte kürzlich, dass er den Pagen, den hübschen Cherubino, mit der Gärtnerstocher erwischt haben soll und ihn prompt zur Armee schickte. Aber den Figaro, den wird er nicht so leicht los. Die Hochzeit ist schon in ein paar Tagen und Figaro weiß Bescheid. Er hat einen Plan entworfen in dem wir meinen Gatten hereinlegen, damit jeder von seinen Machenschaften erfährt. Wo sie ihn doch damals alle umjubelten, als er dieses alte Feudalrecht abschaffte, so sollen sie ihn jetzt alle verachten für seine Heuchlerei. Susanna und ich würden, so wie Figaro es sagte, den Pagen als Susanna verkleiden, damit der Graf sich mit Cherubino, anstatt mit Susanna trifft und ich die beiden erwischen werde. So müsste mein Gemahl der Hochzeit von Figaro und Susanna zustimmen und sich bei mir öffentlich für die Demütigung entschuldigen. Der Plan hätte wahrscheinlich auch funktioniert, wenn nicht mein Mann völlig unerwartet in meine Gemächer gekommen wäre. Es hätte beinahe ein Desaster gegeben. Der Graf beschuldigte mich eines Verhältnisses zum Pagen. Er wagte es doch tatsächlich mich als untreu anzuklagen. Da Figaro kurz vorher meinem Gemahl noch einen anonymen Brief mit einem angeblichen Verehrer von mir zusteckte, um seine Eifersucht zu wecken, eskalierte diese Situation noch mehr. Und als dann noch Antonio, der Gärtner, herbei eilte wegen eines zerbrochenen Topfes, der bei Cherubinos Flucht durch das Fenster zerbrach, und dem Grafen dies berichtete, da dachte ich es sei alles zu spät. Doch Gott sei Dank halfen mir Susanna und Figaro aus der Misere raus.
Susanna nahm den Platz von Cherubino im Wandschrank ein, während dieser aus dem Fenster sprang und Figaro behauptete er sei gesprungen. Antonios Trunkenheit erleichterten es uns auch den Grafen von unserer Variante des Geschehenen zu überzeugen. Die Enttäuschung war groß nach dieser gescheiterten Intrige, aber noch größer war die Überraschung als Bartolo, Marcellina, die Haushälterin des Doktoren Bartolo und der Musiklehrer Basilio erschienen um Figaro an seinen Vertrag zu erinnern. Figaro hatte einst einen Kredit bei Marcellina aufgenommen und ihr ein Eheversprechen gegeben, sollte er den Kredit nicht zurückzahlen können. Nun forderte die Haushälterin Figaros Schuld ein. Das Schlimmste war jedoch, dass mein Graf sie dabei unterstützte. Er meinte doch, dass Figaros und Susannas Hochzeit verschoben werde müsse um diesen Fall juristisch zu klären. Mir war ja klar, dass die unter einem Hut stecken. Es schien sich alles gegen uns verschworen. Figaro konnte seine Susanna nicht heiraten und mein Gemahl wird so lange nicht einhalten Susanna nachzustellen, bis er sie durch die Ehe mit Figaro nicht mehr bekommen kann. Also muss ich dafür sorgen, dass die beiden endlich heiraten und der Graf seine Lektion erhält.
Unser Hof wäre kein Hof, wenn nach dieser Gescheiterten Intrige von unserer Seite her nicht eine weitere Folgen würde. Dieses Mal würde Susanna, ohne dem Wissen Figaros, meinem Mann um ein Rendezvous bitten, welches er ihr garantiert nicht abschlagen wird. Aber zu diesem Rendezvous werden Susanna und ich die Kleider tauschen, so dass mein Gemahl sich unwissend an mich heranmachen wird. Ach wie freue ich mich darauf wieder die süßen Worte der Liebe von seinen Lippen zu hören, bedauerlich, dass sie nicht für mich bestimmt sind, aber das wird er noch bereuen.
Jetzt stehen dem nur diese Marcellina und die Verhandlung über deren Ehe mit Figaro im Wege. Aber zu unser aller Überraschung stellte sich doch tatsächlich heraus, dass Figaro die Frucht einer alten Liebe zwischen Marcellina und Bartolo ist und das somit eine Hochzeit zwischen den beiden unmöglich geworden ist. Letztendlich musste doch mein armer Mann der Hochzeit von Figaro und Susanna zustimmen, da er nun nichts mehr gegen diese Hochzeit in der Hand hatte. Und nicht nur die wollten den Bund der Ehe eingehen. Susanna berichtete, das Bartolo seiner Marcellina an Ort und Stelle einen Heiratsantrag machte. So wird aus der Hochzeit nun eine Doppelhochzeit, aber was wird aus mir? Der Graf kocht vor Wut, aber Susanna und ich werden ihn schon noch besänftigen. Ich diktierte ihr den Brief, den sie dem Grafen heute abend zustecken soll, worin ihn die vermeintliche Susanna um das bereits von uns geplante Rendezvous bittet. Ich glaube, das wird ihn über den ersten Schock hinweg helfen. Wo er doch am Nachmittag noch der Verbindung des Pagen mit der Barbarina zustimmen musste. Was ein Mann nicht alles im Bette einer Frau verspricht. Das geschieht ihm recht, hat er sich doch bei einem Schäferstündchen bei ihr verplappert und ihr die Verbindung zu Cherubino versprochen. Somit hat er an einem Tag beide Liebchen verloren und ich werde ihm den Rest verpassen.
Endlich ist es soweit. Die Kleider sind getauscht, das Briefchen ist angekommen und auch Susanna ist auf ihrem Platz. Aber was muss ich hören? Barbarina hat die Nadel, das Siegel des Briefes verloren und hat Figaro von dem Treffen mit Susanna und dem Grafen erzählt, er kochte wohl vor Eifersucht. Aber Figaro ist ein Kluger Bursche, wie ich dort hinten sehe, hat er unser Spiel bereits durchschaut und hat sich glatt eine Ohrfeige von seiner Frau eingefangen. Dachte Susanna doch, er würde mich verführen wollen. Mein Gemahl kommt jetzt auch hinzu und wettert gegen seine angeblich untreue Frau. Jetzt bin ich dran, ich werde ihm mal zeigen wer hier untreu ist.
Anscheinend hat mein werter Graf Almaviva das Verwirrspiel aufgedeckt. Das war der Moment meines Triumphes. Der Graf musste mit ansehen wie sich die Paare finden, allen voran Susanna und Figaro. Doch mein größter Triumph war die offizielle Reue meines Gemahls. Er bat mich, die Gräfin Rosina Almaviva, um Verzeihung.
Anja Meyer